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Man sieht es den Konzepten an, die in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit auf dem Markt sind, dass ihnen eine solide ökologische Grundlage fehlt.

Woher kommt dieser Mangel? Er ist eine Folge von Versäumnissen in der Vergangenheit. In den letzten 100 Jahren ging es der ökologischen Forschung nicht darum, eine solide wissenschaftliche Grundlage für eine nachhaltige Landnutzung bzw. für ein Konzept der ökologischen Nachhaltigkeit zu schaffen.

Es fehlen Langzeituntersuchungen, in denen die ökologischen Prozesse (Stichwort: Stoff- und Energiehaushalt) natürlicher Ökosysteme (d.h. in Selbstorganisation ohne wesentliches Zutun des Menschen entstanden) mit denen von Kulturlandökosystemen verglichen werden, die vergleichbare geologische, klimatische und topografische Voraussetzungen besitzen.

Erst in jüngster Zeit gibt es Ansätze, die ökologische Forschung, die sich mit den Stoff- und Energieflüssen in Ökosystemen befasst und der, die die Wechselwirkungen zwischen Arten und die Struktur von Lebensgemeinschaften untersucht, zusammenzuführen. Das ist notwendig, wenn man klären will, welchen Einfluss die Artenvielfalt für den Stoff- und Energiehaushalt von Ökosystemen hat.

Des Weiteren herrscht großer Mangel an Langzeitstudien, die sich damit beschäftigen, wie sich der Stoff- und Energiehaushalt von Ökosystemen bei verschiedenen Sukzessionsabläufen ändert.Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Sukzession. Unter primärer Sukzession versteht man die zeitliche Veränderung von Organismengemeinschaften, die bei der Besiedlung von mineralischen Substraten wie Felsen, Kies oder Sand auftreten. Unter sekundärer Sukzession versteht man die zeitliche Veränderung von Organismengemeischaften, die nach der Störung von etablierten Ökosystemen durch externe Faktoren wie Feuer, Sturm, Überflutung, Erdrutsch oder Vulkanismus auftreten.

Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit wäre es wichtig zu wissen,

a) unter welchen Umständen diese Regenerationsvorgänge wieder Prozessabläufe herstellen können, die den ursprünglichen gleichen

b) wie lange das unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen dauert und

c) welche Störungen zu Rahmenbedingungen führen, die nur noch Sukzessionsprozesse zulassen, die dem betroffenen Lebensraum eine verminderte ökologische Effizienz bescheren. Diese verminderte Effizienz drückt sich aus in einem höheren Nährstoffaustrag, einer Zunahme der Temperaturschwankungen im Tagesverlauf, einer Zunahme der Erosionsrate, sowie einer geringeren Wasseraufnahme- und Wasserrückhaltefähigkeit.

Auch die Verzahnung von Empirie und Theorie oder das Bemühen um eine Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen war bisher keine Stärke der Ökologie.

Im biologischen Evolutionsprozess sind terrestrische Ökosysteme entstanden, deren Stoffkreisläufe sich dadurch auszeichnen, dass nur ein relativ geringer Anteil der Netto-Primärproduktion bei den Konsumenten landet (von Pflanzenfressern vertilgt wird), der größte Teil aber direkt den Destruenten anheim fällt. Warum das so ist, scheint die Wissenschaft, wie der Mangel an entsprechenden Publikationen nahe legt, bisher nicht besonders zu interessieren. Dabei wäre die Antwort auf diese Frage von großer Tragweite für eine nachhaltige Landnutzung.

Die basalen ökologischen Konzepte der Vergangenheit, wie ökologisches Gleichgewicht oder Zunahme der ökologischen Stabilität mit der Artenvielfalt, waren eher Ausdruck von Harmoniebedürfnissen oder Ergebnis einfacher Plausibilitätsüberlegungen bzw. primitiver mathematischer Modelle der Wissenschaftler denn Ergebnis systematischer Forschung.



Den Einfluss der Pflanzendecke auf die Art und Weise wie die einstrahlende Sonnenenergie umgewandelt (dissipiert) wird, zeigt eine Untersuchung, die die Sahara, Asien, die Osthälfte der USA und das Amazonasbecken miteinander vergleicht.

Eine der wenigen Untersuchungen, die den dramatischen Unterschied des Stoff- und Energiehaushalts als Folge unterschiedlicher Landnutzung aufzeigen, wurde von einer tschechischen Forschergruppe publiziert.

Wie sich der Nährstoffhaushalt eines Urwaldes verhält, der keinen anthropogenen Belastungen (weder Nutzung, noch Schadstoffeintrag) ausgesetzt ist, wird in zwei Publikationen aus Südchile dargestellt.
Wie nachhaltig sich die Umwandlung von Waldökosystemen in Agrarökosysteme auswirkt, zeigen zwei Untersuchungen, die in den USA und in Frankreich durchgeführt wurden


Aus der Energiebilanz terrestrischer Pflanzen geht hervor, dass ein Großteil der eingefangenen Sonnenenergie für die Evapotranspiration aufgewendet wird. Es konnte eine starke Korrelation zwischen dem Umfang der Primärproduktion und der Evapotranspiration nachgewiesen werden. Sellers und Mintz haben den Energiehaushalt von vier Großregionen der Erde (Sahara, Asien, Osthälfte der USA, Amazonasbecken) für den Zeitraum von 50 Sommertagen mit Hilfe bestimmter Modellvorstellungen kalkuliert. Dabei ermittelten sie, welcher Anteil der eingestrahlten Sonnenenergie reflektiert, in fühlbaren Wärmestrom verwandelt und zur Evapotranspiration (Wasserverdunstung durch die Vegetationsdecke und den Boden) verbraucht wurde. Sie kamen zu folgendem Ergebnis: 

                                    Prozentsatz der eingestrahlten Sonnenenergie              

                                   reflektiert               fühlbare Wärme           Evapotranspiration

Sahara                              41%                            57%                                 2%.

Asien                                24%                            26%                                50%

Osthälfte USA                   18%                             20%                                62%

Amazonasbecken              16%                            15%                                 69% 

Mit zunehmender Komplexität der Vegetationsdecke steigt der Anteil der Sonnenenergie, der für Evapotranspiration zu Lasten der Reflexion und des fühlbaren Wärmestroms verwendet wird. Die Evapotranspiration ist wesentlich für die Stabilisierung des Temperaturhaushalts.

Im Handbuch der Umweltforschung wird deshalb vorgeschlagen, dass Messungen der Sonnenenergie, die in einem Ökosystem für die Produktion genutzt werden und für eine bestimmte Oberflächentemperatur sorgen, als Indikatoren für die Exergieaufnahme dienen könnten. Messungen der Respiration, Evapotranspiration und Nährstoffverluste könnten als Indikatoren für die Gesamtentropieproduktion herangezogen werden. Die Speicherkapazität des Ökosystems ließe sich durch Biomasse, organische Substanz im Boden und Nährstoffspeicher charakterisieren.

Bis jetzt konnte noch kein Indikator gefunden werden, der als die einzige, ganzheitliche Indikation für den Zustand von Ökosystemen gelten könnte. Was auch zukünftig nicht zu erwarten ist.

Literatur

P.J. Sellers, Y.A. Mintz: A simple biosphere model (SiB) for use within general circulation models                                                                                                                       The Journal of the Atmospheric Sciences, Vol. 43 (1986), S. 505-531


Die Einzugsgebiete sind mit

202 ha (Horský-Bach),
214 ha (Mlýnský-Bach) und
264 ha (Bukový-Bach) ähnlich groß.

Sie liegen in vergleichbarer Höhe, besitzen ähnlichen geologischen Untergrund, unterliegen der gleichen Immissionsbelastung (Schadstoffeintrag durch die Luft), ihre Talflanken weisen eine vergleichbare Ausrichtung zur Sonne (Exposition) auf. Alle drei Einzugsgebiete wurden bis 1950 land- und forstwirtschaftlich genutzt.

Das Mlýnský-Gebiet war

1950 zu 8% mit Wald bedeckt, der Rest bestand etwa je zur Hälfte aus Acker- und Grünland.

1999 ist das Gebiet charakterisiert durch 9% Wald und 91% Grünland (31% Mähwiesen, 20% ungenutztes Brachland, der Rest extensives Weideland).  

Die entsprechenden Zahlen für das Horský-Gebiet lauten:

1950: 24 % Wald, 31% Ackerland, der Rest Grünland;
1999: 71% Wald, 28% Grünland (fast 2/3 davon ungenutztes Brachland) und 1% Siedlungsfläche. 

Die entsprechenden Zahlen für das Bukový-Gebiet lauten:

1950: 45% Wald und 55% Ackerland;

1999: 95% Wald und 5% Grünland (fast 2/3 davon ungenutztes Brachland, der Rest ist Mähwiese).

Im Mlýnský-Gebiet wurden nach 1950 etwa 45% des Einzugsgebiets (96 ha) entwässert. 

In allen drei Gebieten können nur 10-15% ihrer Waldfläche als Mischwald angesprochen werden, der weitaus größte Teil besteht aus Fichtenmonokultur oder wird zu mehr als 70% von Fichte bestockt.

Durchschnittlicher Gehalt an organischem Material im Boden

Mlýnský-Gebiet:     20-40 kg/m²

Horský-Gebiet:       50-70 kg/m²

Bukový-Gebiet:       40-60 kg/m² 

Der Gehalt des Bodens an Stickstoff, Phosphat, Sulfat, Kalium, Magnesium und Kalzium ist im Mlýnský-Gebiet am geringsten.

Die Differenz zwischen den höchsten und niedrigsten Wasserabflussmengen

Mlýnsky´-Gebiet:    Maximum: 301 Liter/sec – Minimum: 18,2 Liter/sec (größte Differenz)

Horský-Gebiet:       Maximum: 203 Liter/sec – Minimum:   7,9 Liter/sec

Bukový-Gebiet:       Maximum: 115 Liter/sec – Minimum:   9,3 Liter/sec (geringste Differenz) 

Der jährliche Niederschlag ist in allen drei Gebieten etwa gleich groß. 

Die durchschnittliche Leitfähigkeit des Wassers im Ausfluss des Mlýnský-Gebiets ist mehr als doppelt so hoch wie im Horský-Gebiet und sogar dreimal höher als im Bukový-Gebiet.

Während das Mlýnský-Gebiet deutliche Schwankungen im Tagesgang der Leitfähigkeit zeigt, sind solche Schwankungen in den beiden anderen Gebieten kaum erkennbar. 

Der deutlich höhere Ionenaustrag im Mlýnský-Gebiet wird durch die im Abfluss gemessenen Nährstoffkonzentrationen bestätigt.

Der jährliche Nitrat-Austrag ist im Mlýnský-Gebiet etwa 5mal höher als in den beiden anderen Gebieten;

bei Phosphat liegt er um das 5-10fache darüber,

bei Kalzium um das 5-6fache.

Ähnlich liegen die Verhältnisse beim Kalium-, Magnesium- und Natrium-Austrag.

Zur Kompensation der Verluste müssten im Mlýnský-Gebiet jedes Jahr mindestens
400 kg Mineraldünger pro Hektar ausgebracht werden.

An heißen Sommertagen schwankt die Wassertemperatur im Abfluss des Mlýnský-Gebiets um bis zu 10 °C,
während in den beiden anderen Gebieten nur Schwankungen von
2 °C bis 3 °C auftreten. 

Die Unterschiede im Energiehaushalt der drei Einzugsgebiete zeigen sich auch im Tagesgang der Temperatur an der Bodenoberfläche und in 10 cm Bodentiefe. 

Für den 13.8.1997 ergeben sich folgende Durchschnittswerte für die Temperatur-Amplitude (Differenz zwischen der höchsten und tiefsten Temperatur während eines Tages):

                                  Mlýnský-Gebiet          Horsky-Gebiet           Bukový-Gebiet                       

Bodenoberfläche:         23,5 °C                            17,2 °C                12,2 °C

in 10 cm Bodentiefe:      3,3 °C                              1,7 °C                   1,3 °C
           

Da die oberirdisch stehende, pflanzliche Biomasse im
Horský-Gebiet mit 24,2 kg/m² und im
Bukový-Gebiet mit 30,6 kg/m² sehr viel größer ist als im
Mlýnský-Gebiet mit 4,7 kg/m²,
wird im letzteren wegen seiner geringeren Fähigkeit zur Evapotranspiration ein weitaus größerer Teil der eingestrahlten Sonnenenergie in fühlbare Wärme umgewandelt als in den beiden anderen.

Diese Untersuchung belegt, wie massiv sich der Stoff -und Energiehaushalt einer mit Wirtschaftswald bestandenen Landschaft von dem einer Agrarlandschaft unterscheidet, selbst wenn letztere von Dauergrün und nicht von Ackerflächen geprägt wird. 

In der Publikation wird auf einen Ansatz von Prof. W. Ripl (TU Berlin) zur Berechnung des ökosystemaren Wirkungsgrads einer Landschaft verwiesen. Leider liegt für die drei untersuchten Einzugsgebiete noch keine Kalkulation vor. 

Literatur

J. Prochazka, P. Hakrova, J. Pokorny, E. Pecharova, T. Hezina, M. Sima, L. Pechar: Effect of different management practices on vegetation development, losses of soluble matter and solar energy dissipation in three small sub-mountain catchments                    in J. Vymazal (ed.): Transformations of Nutrients in Natural and Constructed Wetlands, S. 143-175, Leiden (Niederlande), 2001


Nur an wenigen Stellen auf der Erde sind heute Ökosysteme zu finden, die weder von anthropogenen Immissionen belastet noch durch menschliche Nutzung gestört wurden und werden. Die Bergurwälder eines Nationalparks auf der Insel Chiloé (etwa 42° südl. Breite, gemäßigter Laubwald auf Böden, die von keiner Vereisung betroffen waren) vor der Küste Südchiles stellen solch einen Glücksfall dar. Dort wurden von einer Gruppe um Lars O. Hedin die biogeochemischen Kreisläufe wichtiger Nährstoffe (K+, Na+, Ca2+, Mg2+, NH4+, NO3-, Cl-, SO42-) untersucht und die Hypothese überprüft, die für intakte Urwälder einen minimalen Nährstoffaustrag durch den Wasserkreislauf erwartet. Der Gehalt an Nährstoffen in Bächen, die den Bergurwald entwässern, war zum Teil geringer als das, was man im Regenwasser in vielen Gegenden Europas und Nordamerikas findet. Intakte Urwaldgebiete verlieren demnach extrem wenige Nährstoffe an den Wasserkreislauf. Dass Urwälder auf vergleichbaren Böden und mit ähnlich hohen Niederschlägen in Europa wie in Nordamerika etwas höhere Verluste aufweisen, wird auf die Belastungen durch anthropogene Immissionen zurückgeführt.

In demselben Untersuchungsgebiet konnte mit Hilfe der Isotopen 84Sr, 86Sr und 87Sr (Sr: Strontium) nachgewiesen werden, dass sich dieser intakte Bergurwald weitgehend von den Verwitterungsprozessen in seinem Untergrund abkoppelt und vom atmosphärischen Eintrag an Kationen lebt. Eine Pionierbaumart, die sich nach der Zerstörung des Urwaldbodens (meist durch einen Erdrutsch) in der frühen Sukzessionsphase einstellt, greift als ausgeprägter Tiefwurzler auf die Verwitterungsprodukte im Untergrund zurück. Bisher dachte man, nur tropische Regenwälder würden sich weitgehend von ihrem geologischen Untergrund abkoppeln und vom Eintrag aus der Atmosphäre leben.

Literatur

L.O. Hedin, J.J. Armesto, A.H. Johnson: Patterns of nutrient loss from unpolluted, old-growth temperate forests: evaluation of biogeochemical theory                                Ecology, Vol. 76 (1995), S. 493-509

M.J. Kennedy, L.O. Hedin, L.A. Derry: Decoupling of unpolluted temperate forests from rock nutrient sources revealed by natural 87Sr/86Sr and 84Sr tracer addition
Proceedings of the National Academy of Sciences, Vol. 99 (2002), S. 9639-9644


Untersuchungen in Europa und Nordamerika an Böden von Wäldern, die auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen stocken, zeigen, dass die Folgen dieser früheren Nutzung noch Jahrhunderte, ja sogar noch zwei Jahrtausende später nachweisbar sind. Das macht deutlich, wie tiefgreifend landwirtschaftliche Nutzung den Naturhaushalt verändert.

Literatur

Jana E. Compton, Richard D. Boone: Long-Term Impacts of Agriculture on Soil Carbon and Nitrogen in New England Forests
Ecology, Vol. 81 (2000), S. 2314-2330

J.L. Dupouey, E. Dambrine, J.D. Laffite, C. Moares: Irreversible Impact of Past Land Use on Forest Soils and Biodiversity
Ecology, Vol. 83 (2002). S. 2978-2984